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Gastbeitrag: Schule Bildet 1 - Die neue Schule

von Spectator

Stefan war das Kind fetter Eltern. Die Eltern hatten schon bei der Hochzeit beide über 100 kg bei einer Körpergröße von kurzen 1,70 m. Beide schämten sich zwar für ihr Übergewicht. Es stieg aber trotzdem langsam und kontinuierlich. Denn die Schulzes waren nicht die Schlausten und erkannten nicht, dass sie sich falsch ernährten. So war es ihnen zwar unrecht, immer dicker zu werden. Sie waren aber zu uneinsichtig und auch zu bequem, der Ursache wirklich auf den Grund zu gehen – und Sport war eh viel zu anstrengend.

Richtig schnell nahm Frau Schulze erst zu, als sie mit Stefan schwanger war. Das war auch ein willkommener Grund, um ständig zu schlemmen. Immerhin musste sie ja jetzt für zwei essen. Die allgegenwärtigen Süßigkeiten verfehlten natürlich auch bei Herrn Schulze ihre Wirkung nicht, obwohl er weit weniger über die Stränge schlug als seine schwangere Frau. Als Stefan zur Welt kam, hatte nicht nur sein Vater die 130 kg überschritten. Es zeigte sich auch, dass die junge Mutter ihn noch etwas überholt hatte. Außerdem war der kleine Stefan schon bei seiner Geburt eher groß und erheblich zu schwer. Durch das permanente Essen von Süßigkeiten während der Schwangerschaft war Stefans Stoffwechsel bereits an das ständige Nahrungsüberangebot gewöhnt und forderte das auch weiterhin ein.
So stand Stefan von Anfang an gut im Futter und entwickelte sich prächtig: Vom Wonneproppen zum dicken Kind
Im Kindergarten und der Grundschule war dies kein Problem. Man kannte sich im kleinen Ort und die anderen Kinder akzeptierten den dicken Stefan so wie er war, auch wenn er beim Spielen nicht so schnell rennen konnte. Dafür war er seinen Altersgenossen in Größe und Kraft immer etwas voraus.
Einziges Manko in der rundum glücklichen Kindheit war die recht kleine Wohnung der Schulzes, in der Stefan kein richtiges Zimmer hatte. Doch im kleinen Ort war keine größere Wohnung frei. Wegziehen war für die Schulzes keine Alternative, damit Stefan weiterhin in seine Kindergartengruppe und später Klasse gehen konnte, in der er sich so wohl fühlte.
Im Laufe der Zeit begann Stefan das Verhalten seiner Eltern – insbesondere seines Vaters – zu imitieren. Das ist ja an sich normal. Nur wollte Stefan dann auch Bier trinken wie sein Vater. Das konnten ihm seine Eltern aber natürlich nicht erlauben. Um das dauernde Gequengel loszuwerden, suchten sie nach einer Alternative und fanden schließlich Malzbier. Malzbier ist zwar alkoholfrei, besteht aber aus irgendwie ähnlichen Zutaten und ist sehr gesund, wie die Schulzes in Erfahrung brachten. Dass Malzbier eine heftige Kalorienbombe ist, die den Körper auch mit vielen zusätzlichen Kohlenhydraten förmlich überschwemmt, wussten die Schulzes nicht. Sie hielten Malzbier für gesund und damit für einen idealen Bierersatz für ihren Sohn. Und Stefan schmeckte das süßliche Malzbier sehr gut. Durch den täglichen Konsum beschleunigte sich seine Gewichtszunahme erkennbar. Die Schulzes waren aber zu einfältig, um die Zusammenhänge zu erkennen.
Seine Eltern machten sich zwar Sorgen, dass ihr Sohn so dick werden könnte wie sie selbst. Sie wussten aber nichts dagegen zu unternehmen und nahmen es dann ratlos hin, dass nicht nur sie selbst dicker werden sondern auch ihr Stefan.
In der dritten Klasse hatte Stefan bereits einen Bauch, der sichtbar über den Hosenbund hing. Auch begannen die Hüften, sich über den Hosenbund zu erheben. Gehänselt wurde Stefan deswegen aber kaum. Das könnte auch daran gelegen haben, dass er noch immer zu den Größeren der Klasse gehörte und er bei den für Kinder typischen Raufereien dadurch stets einen Vorteil hatte.

Gegen Ende der vierten Klasse war Stefan schon 1,60 m groß. Allerdings knackte er nun auch die 100-kg-Marke. Aus dem Wonneproppen und dem dicken Kind war ein fetter Junge geworden. Nun stand der Schulwechsel an.

Da Stefan intelligenter war als seine Eltern, hatte er den Übertritt ins Gymnasium geschafft. Obwohl es weit und breit kein Gymnasium gab, wollten seine Eltern ihm diesen Weg nicht verbauen. So ergab sich die Gelegenheit, in der nächsten Stadt eine größere Wohnung zu mieten. Die nächste Stadt war Hoyerswerda, wo die Mieten ohnehin niedrig waren und Herr Schulze seinen Arbeitsplatz hatte. So war das finanziell für die Schulzes kein Problem, obwohl Stefans Mutter immer wieder arbeitslos war. Endlich bekam Stefan ein eigenes Zimmer!
Die Freude darüber wurde aber durch die neue Klasse bald relativiert. Die Klasse fand keinen Zusammenhalt. Es bildeten sich kleine Grüppchen, die sich gegenseitig anzickten, und zu allem Überfluss fand der fette Stefan in keiner Gruppe Anschluss. Er entwickelte sich zum Außenseiter, der wegen seines krassen Übergewichts allseits ausgelacht wurde.
Seine Eltern waren mit der Situation ebenso überfordert wie Stefan selbst. Sein Vater glaubte nun, seinen Sohn zum Abnehmen drängen zu müssen. Die gut gemeinte Absicht dahinter verselbständigte sich allerdings im Laufe der Zeit. Als Stefan trotz des Zuredens seines Vaters weiter zulegte und sein Bauch immer wieder die Kleidung sprengte, kam Herr Schulze auf die Idee, seinen Sohn jeden Samstag auf die Waage zu stellen.
Bereits das erste Wiegeergebnis in der sechsten Klasse war für alle frustrierend: Stefan hatte weiter zugelegt und ließ die Waage bis auf 111 kg hinaufschießen, obwohl er erst 1,68 m groß war. Stefan wurde von seinem Vater geschimpft, dass er nicht immer so viel essen sollte, um nicht so dick zu werden wie er. Selbst er wäre in dem Alter noch längst nicht so fett geworden. Wo solle das denn hinführen…
So ging das nun jede Woche. Und jede Woche hatte Stefan wieder ein bisschen zugelegt, weil die Digitalwaage so gemein war, auch eine Stelle hinter dem Komma anzuzeigen.

Während sich Stefan nun jeden Samstag wiegen lassen musste und im Anschluss immer von seinem Vater mit steigender Intensität geschimpft wurde, verschlimmerte sich auch das Hänseln und Auslachen in der Schule. Beides zusammen machte Stefan richtig fertig. Einen Ausweg fand er aber nicht.
In den Sommerferien betrachtete Stefan aus Langeweile einmal eine der Malzbierflaschen, mit denen ihn seine einfältigen Eltern stets versorgten, weil sie dieses Getränk für gesund hielten. Dabei fiel ihm auf, dass 100 ml Malzbier 43 kcal hatten. Nun wunderte sich Stefan: Hatte er nicht gestern im Fernsehen gesehen, dass ein Erwachsener 2.000 kcal am Tag benötigt? Erschrocken stellte er fest, dass er mit seinen zwei Flaschen Malzbier, die er üblicherweise so am Tag trank bereits die Hälfte seines Tagesbedarfs gedeckt hatte, obwohl er ja dann noch ganz normal drei Mahlzeiten oder mehr zu sich nahm.
Ab diesem Tag trank Stefan kein Malzbier mehr. Er konnte dadurch sein Gewicht bei 119 kg halten. Sein Vater glaubte, das sei sein Verdienst gewesen und fühlte sich bestätigt. In der Schule ging der tägliche Spießrutenlauf aber weiter. Stefan wurde auch in der siebten Klasse ausgegrenzt, ausgelacht und gehänselt. Immerhin war er noch immer dick. Dass er nicht noch weiter zulegte, fiel ja keinem auf, obwohl Stefan eigentlich schon darauf stolz war.
Nach Weihnachten kam wieder ein Schock. Schon die Vorweihnachtszeit hatte Stefan die 120-kg-Marke knacken und seinen Vater toben lassen. Die Waage zeigte beim wöchentlichen Wiegen nach Weihnachten aber gleich 123 kg. Anstatt sich an die eigene Nase zu fassen, rastete Stefans Vater aus und schrie Stefan lange an. Er forderte ihn auf, endlich abzunehmen.
Die Stimmung zu Hause war auf einem Tiefpunkt angelangt. In der Schule ging das Mobbing nach den Ferien auch weiter. Stefan war verzweifelt. Eigentlich wollte er ja abnehmen, auch wenn er im Spiegel seinen Bauch und die wachsenden Rundungen eigentlich bewunderte. Aber sie machten ihm das Leben zur Hölle.
Um ihn aufzuheitern, machte Stefans Mutter eines Nachmittags Stefans Lieblingstorte. Denn Stefan verkroch sich nach der Schule immer nur noch in seinem Zimmer. Oft weite er sogar.
Die Schoko-Sahne-Torte verfehlte ihre Wirkung keineswegs. Seit langem lächelte Stefan mal wieder. Doch nachdem sowohl er als auch seine Mutter drei Stück gegessen hatten, dachte seine Mutter daran, dass in wenigen Stunden sein Vater wieder nach Hause kommen würde. Schon bei der Vorstellung, was passieren wird, wenn er die Torte sieht, wurde beiden angst und bange. Es gab nur einen Ausweg: Der Kuchen muss weg!
Aber wohin? Sahnetorte muss gekühlt werden. Aber im Kühlschrank würde Herr Schulze die fette Torte sofort finden.
Der einzige Ausweg, der der Mutter einfiel war: aufessen.
Also aßen Stefan und seine Mutter die komplette Torte auf. Das waren am Ende für jeden sechs Stück. Beide fühlten sich, als müssten sie gleich platzen. Sie konnten sich kaum bewegen, fingen dann aber doch an, das Geschirr abzuspülen, um keine Spuren zu hinterlassen.
Stefan und seine Mutter ließen sich auf das Sofa sinken und streckten ihre fetten Bäuche nach vorne, die nun zu dem ohnehin vorhandenen Volumen auch noch richtig aufgebläht wirkten. In eine halben Stunde erwarteten sie Stefans Vater. Dann gab es immer Abendessen. Weder Stefan noch seiner Mutter fiel eine passende Ausrede ein, warum sie heute keinen Hunger haben sollten. Alles was ihnen einfiel war unglaubwürdig oder hätte zu anderen Problemen geführt.
Doch bevor sie weiter überlegen konnten, ging die Tür auf und Stefans Vater war da. Er verkündete auch sogleich, dass er einen Riesenhunger habe. Also wurde der Tisch gedeckt und gegessen.
Obwohl Stefan und seine Mutter noch pappsatt waren, zwängten sie sich Portionen hinein, die noch als normal gelten konnten, um keinen Verdacht zu erregen. Doch sie merkten, dass mit Herrn Schulze etwas nicht stimmte. Die Stimmung war zwar schon lange schlecht. Aber an diesem Abend war irgendetwas anders als sonst. Herr Schulze war ungewöhnlich still.
Schließlich stellte Frau Schulze ihren Mann zur Rede, obwohl sie sich am liebsten hingelegt hätte, so überfressen fühlte sie sich.
Herr Schulze erzählte – diesmal ganz kleinlaut – dass die Firma, bei der er als Pförtner gearbeitet hatte, pleite sei und er deshalb entlassen worden sei. Er brauche auch ab sofort nicht mehr zu kommen, weil der Betrieb stillgelegt sei. Die Schulzes saßen nun sprachlos am Tisch und waren ratlos. Jetzt waren Stefans Eltern beide arbeitslos.
Die folgenden Tage waren die Hölle: Stefans Vater war immer zu Hause und konnte mit Stefan immer um seine Diätvorschläge streiten, wenn Stefan nicht gerade in der Schule gemobbt wurde. Stefan fing deshalb an, nachmittags wegzugehen. Er hatte eigentlich kein Ziel. Er wollte nur nicht zu Hause sein. Aus Langeweile ging er dann entweder ein Eis essen oder zum nahe gelegenen Burger King.
Das samstägliche Wiegen brachte diese Gewohnheit jedoch ans Licht. Zwar waren Stefans Eltern nicht gerade schlau. Aber dass er sich von seinem Taschengeld nun heimlich Süßigkeiten gekauft haben musste, war sogar ihnen klar.
Es entwickelte sich ein Teufelskreis aus immer mehr schimpfen und immer mehr Flucht ins Frustfressen. Als Stefan aber die 130-kg-Grenze überschritten hatte, strich ihm sein Vater das Taschengeld. Das war dem Vater sowieso ganz recht, wo er doch arbeitslos war und die Familie jetzt nur noch von seinem Arbeitslosengeld lebte. Da wurde das Geld ganz schön knapp.
Stefan war nun wieder erkennbar fetter geworden und seine T-Shirts spannten über den noch fetteren Bauch und seinen Hüftspeck. Stefan hatte nun 1,78 cm und ein Gewicht von 134 kg erreicht.
Doch seine Eltern hatten kein Geld, um neue Kleidung zu kaufen. Durch diesen ungewollt figurbetonten Kleidungsstil wurde das Mobbing in der Schule deutlich verstärkt. Stefan litt enorm. Zu Hause saß dann der Vater, der seinen Frust (nicht nur wegen der Arbeitslosigkeit sondern auch weil Stefan in den engen T-Shirts so unglaublich fett aussah und außerdem für alles das Geld fehlte) an der Familie und besonders an Stefan ausließ.
Stefan war am Ende und weinte viel. Zusätzlich zum Arbeitslosengeld I musste die Familie schließlich auch noch Arbeitslosengend II beantragen, weil sie vom Arbeitslosengeld I alleine nicht mehr leben konnten. So war kurz vor Stefans 18. Geburtstag dann der absolute Tiefpunkt erreicht. Stefan war so alleine und zurückgezogen, dass er nicht einmal seinen 18. Geburtstag feiern wollte. Es fehlten ihm nicht nur Freunde, die er hätte einladen können. Es war auch kein Grund zum Feiern ersichtlich. Zu allem Überfluss hatte sein Vater an seinem Geburtstag auch noch einen Termin beim Jobcenter, was noch nie zur Stimmungsaufhellung beigetragen hatte.

Doch dann kam sein Vater überraschend vom Jobcenter mit einem Vermittlungsvorschlag. Er sollte für einen Sicherheitsdienst in München arbeiten. Sollte er dort eingestellt werden, würde das Jobcenter auch den Umzug nach München für die Familie bezahlen.
Als sein Vater vom Vorstellungsgespräch in München zurückkam, besserte sich die Stimmung schlagartig. Er war schon zum nächsten Monatswechsel eingestellt worden. Für Stefan bedeutete das, dass er mitten im Schuljahr seine fürchterliche Klasse loswerden konnte, sobald der Umzug klappt. Doch auch hier gab es den glücklichen Zufall, dass der zukünftige Arbeitgeber eine Wohnung vermitteln konnte, obwohl das in München sonst kaum zu schaffen ist.
Ende Januar zogen die Schulzes also nach München. Die neue Wohnung war in einem Hochhaus, das schon etwas in die Jahre gekommen war und im Stadtteil Neuperlach stand, der nur aus Hochhäusern zu bestehen schien. Das kannte Stefan aber aus Hoyerswerda auch. Eine U-Bahnstation mit Busbahnhof und ein Einkaufszentrum waren gleich nebenan. Schon der Eingangstür stellte Stefan fest, dass hier überwiegend ausländische Namen am Klingelbrett standen. Das kannte Stefan nicht.
Am 1. Februar ging für Stefan nun die Schule los und für seinen Vater die Arbeit. Seine Eltern hatten ihn bei einem nahe gelegenen Gymnasium angemeldet. Als sich seine Mutter mit ihm auf den Weg dorthin machte, wurde ihm aber doch etwas mulmig. Den Termin mit der Schule hatten sie um 8 Uhr. Sie kamen auch etwas vorher an und fanden das Sekretariat in dem riesigen Betonbau sofort. Auch hier fiel Stefan auf, dass der Ausländeranteil wesentlich höher liegen musste als auf seiner alten Schule.
Im Sekretariat erhielten sie zunächst einige Formulare und sollten diese ausfüllen. Dafür konnten sie sich an einen kleinen Tisch setzen. Als sie fertig waren kam auch schon ein Lehrer herein. Eine der Sekretärinnen sagte zu ihm: „Herr Dr. van Nelkens, das ist der Stefan Schulze mit seiner Mutter, Frau Schulze. Ihr Termin um 8 Uhr.“
Der Lehrer kam auf sie zu, lächelte freundlich und begrüßte sie per Handschlag. Stefans Aufregung war zunächst weg. Sie folgten Dr. van Nelkens in sein Büro und erfuhren, dass er der stellvertretenden Schulleiter war. Er war freundlich und machte immer wieder Scherze. Stefan kannte eine solche Lockerheit von seiner alten Schule überhaupt nicht und fühlte sich schon einmal gut aufgehoben.
Nach all dem Papierkram sagte er plötzlich: „So, aufgrund Ihrer Sprachkombination kommt für Sie nur die Klasse 10a in Frage. Da bringe ich Sie gleich rauf.“ Stefan wurde nervös. Immerhin musste er jetzt mitten in eine Stunde hineinplatzen und würde von der ganzen Klasse angestarrt werden. Stefan war froh, dass er eine Jacke anhatte. Darin fand er sich nicht ganz so fett aussehend. Dr. van Nelkens schickte Frau Schulze nun nach Hause und begleitete Stefan zum Klassenzimmer. Er klopfte zunächst an und öffnet dann langsam die Tür. Nun musste ihm Stefan folgen, obwohl sein Herz vor Aufregung raste. Instinktiv zog Stefan seinen Bauch ein, obwohl das bei der Masse keinen Sinn mehr hatte. Stefan stand nun gemeinsam mit Dr. van Nelkens und einem anderen Lehrer vor seiner neuen Klasse und wurde von allen angeschaut, während Dr. van Nelkens ihn vorstellte.
Die Klasse hatte eine Sitzordnung in U-Form und nicht in der klassischen Reihenform. Stefan ließ seinen Blick von links nach rechts durch die Reihe schweifen. Doch sein Blick blieb an der Ecke hinten rechts hängen. Dort saß ein schwarzer Junge den Stefan zwar größer schätzt als sich selbst. Der schwarze Junge war aber so fett wie er noch nie einen Menschen vorher gesehen hatte und erst recht nicht in seinem Alter. Sein Blick war wie gefesselt auf diesen Jungen.


Er schätzte ihn auf fast doppelt so schwer wie sich selbst, obwohl er bisher immer überall der Fetteste war. Der Junge kippelte mit seinem Stuhl etwa 40 ° nach hinten und hatte einen Arm auf dem Fensterbrett abgelegt. Schon der Kopf des Jungen wirkte mehr breit als hoch. Das Gesicht war vor Fett richtig aufgeblasen, so dass sich die Backen sowohl nach vorne als auch nach außen wölbten. Der angedeutete Irokesenschnitt betonte durch die ausrasierten Haare an der Seite die Breite des Gesichts noch zusätzlich. Die Ohren verschwanden hinter den speckigen Backen und der allgegenwärtigen Fettschicht am gesamten Kopf. Auf der Stirn war durch die leicht wellige Oberfläche zu erkennen, dass sich auch hier eine Fettschicht befinden muss. Das deutliche Doppelkinn war angesichts dieses Gesamteindrucks eher klein. Trotzdem ging der Kopf ohne erkennbaren Hals in die nach oben hinausgewölbte Brust über. Zwischen Brust und Knien thronte ein riesiger Fettbauch. Der Hosenbund war weder von der Seite noch von vorne zu sehen. Unter diesem Riesenbauch kamen dann die beiden baumstammbreiten Beine heraus, die aber überwiegend von diesem Bauch bedeckt waren.
Stefan blieb der Mund offen stehen. Einen Moment lang malte sich Stefan aus, wie heftig jemand gemobbt werden muss, wenn er so unglaublich fett ist und dazu auch noch schwarz. Doch in diesem Moment flüsterte der Junge etwas und alle in Hörweite kicherten und lachten mit ihm. Dr. van Nelkens sagte plötzlich: „Osuwagawu, Sie sollen nicht kippeln und auch nicht schwätzen.“
Während Stefan dachte ‚Osu-Was? Den Namen kann ich mir ja nie merken‘, stellte der das Kippeln ein. Jetzt lag der Wahnsinnsbauch auf den Oberschenkeln und strebte in Richtung der Knie. Trotz des Kapuzenpullis war auch zu sehen, dass die Hüften sich deutlich nach außen wölbten.
Erst jetzt bemerkte Stefan, dass der Dicke allein an der Bank saß, während alle anderen zu zweit an den Doppelbänken saßen. Folglich war klar, dass sich Stefan zu dem noch dickeren Jungen setzen würde. Die Sitzplatzfrage stellte sich also gar nicht.
Nachdem nun alle wussten, dass er Stefan Schulze hieß und aus Hoyerswerda kommt, sollte er sich hinsetzen. Stefan ging also zu dem Jungen mit dem unaussprechlichen Namen, der auch gleich über sein speckiges Gesicht grinste und seine Schultasche von dem zweiten Stuhl nahm.
Als Stefan bei ihm ankam sagte der noch dickere Junge: „Servus, ich bin der Pascal.“
Stefan blickte ihn verwirrt an und fragte: „Pascal? Nicht Osu-äh…?“
Pascal lachte und meinte: „Du meinst Osuwagawu? Das ist mein Nachname. Keine Angst, den musst du nicht aussprechen können. Keiner weiß, warum die Nelke uns immer siezt und mit dem Nachnamen anspricht.“
Stefan quetschte sich auf den „freien“ Stuhl neben den überbreiten Pascal, dessen fetter Körper auch leicht zwei Stühle unter sich begraben könnte. Rechts neben ihm saß ein eher schlanker Junge, der sich dann als Markus vorstellte bis der Lehrer sagte: „Stefan, nun setze dich bitte hin und verschiebe das Vorstellen auf die Pause. Du lernst bestimmt noch alle kennen. Jetzt haben wir aber erstmal Deutsch. Meine Name ist Eder und ich soll euch heute literarische Stilmittel beibringen.“
Ein Blick auf den Stundenplan, den er erhalten hatte, verriet, dass der Montag immer mit einer Doppelstunde Deutsch begann und dann eine kleine Pause folgte. Der Unterricht plätscherte so dahin. Es fiel aber auf, dass hier alle fröhlicher und lockerer waren als in seiner alten Schule. Stefan konnte keine Gruppenbildung erkennen und fühlte sich an seine Grundschulzeit erinnert, wo es ähnlich harmonisch und lustig zuging.
Während der Unterricht so ablief, beobachtete Stefan die Klasse, was durch die Sitzordnung in U-Form ja gut ging. Nur die Gerade, in der er selbst saß, konnte er nicht so recht einsehen. Die Klasse schien bis auf ihn und Pascal eher durchschnittlich zusammengesetzt zu sein. Manche waren etwas dünner, andere etwas kräftiger und zwei Jungs sahen richtig durchtrainiert aus. Einer davon war etwas dunkler und hatte seine schwarzen Haare am Deckhaar zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden. Die Seiten rundum hatte er weit hinauf kahl rasiert und in seine linke Augenbraue in die linke Hälfte drei Mal hineinrasiert, so dass sie irgendwie gestückelt aussah. Er hatte in jedem Ohr einen auf der dunklen Haut hellblau leuchtenden Glitzerstein als Ohrring sowie eine recht dicke Silberkette, die auf seine trotz Pullover erkennbar muskulöse Brust hing. Dazu hatte er die passende ebenso dicke silberne Armkette am rechten Handgelenk baumeln. Der Pullover lag eng am Körper an und brachte die Figur sehr gut zur Geltung.
Während Stefan das Kraftpaket musterte und sich dachte, dass er dem allein bei Dunkelheit auch nicht begegnen wollte, grinste der ihn keck an und machte eine Geste, die irgendwas mit Rauchen zu tun haben musste. Genauer verstand Stefan aber nicht, was er ihm wohl sagen wollte. Doch hier half Markus und sagte leise: „Der Murat fragt, ob du in der Pause mit zum Rauchen gehst.“
Stefan zögerte kurz, weil er von dieser Frage völlig überrascht war und nicht wusste, ob sich nun doch Gruppen bilden würden. Dann schüttelte er doch schnell den Kopf. Schließlich würde ja sofort auffallen, dass er noch nie geraucht hatte.
Als kurz darauf der Pausengong ertönte verschwand dieser Murat mit fünf anderen recht zügig über die neben dem Klassenzimmer befindliche Brücke auf die andere Seite der vierspurigen Straße vor dem Schulhaus. Andere gingen auf den Gang, während er erst einmal die Lage sondierte und sitzen blieb.
Pascal holte eine sehr große Tupper-Dose aus seinem Rucksack. Als er diese öffnete, sah Stefan fasziniert, dass diese etwa DIN-A4-große viereckige Dose mit belegten Broten eng vollgeschlichtet war. Oben und unten war noch jeweils eine Tafel Milka-Schokolade quer hineingesteckt, um auch noch die letzten kleinen Lücken auszufüllen. Pascal holte sich dann schnell das erste Brot und biss zwei Mal herzhaft ab. Als er kaute, bemerkte er, dass Stefan keine Anstalten machte, ein Pausenbrot oder ähnliches auszupacken.
„Hast Du nix zu essen dabei?“ fragte Pascal ungläubig.
„Äh, nee. Ich bin schon dick genug.“ antwortete Stefan vorsichtig.
Pascal schob seine überdimensionierte Brotdose zu Stefan und meinte: „Greif zu, ich hab ja genug und ich bin auch schon dick.“ Dabei klopfte Pascal grinsend auf seinen Bauch, der dabei behäbig hin und her schwabbelte. Stefan merkte, dass er von dem riesigen dicken Bauch, der da neben ihm so in Szene gesetzt wurde, irgendwie elektrisiert war. Pascal schien sich auch gar nicht irgendwie dafür zu schämen, dass er so unglaublich fett war. Irgendwie hatte Stefan den Eindruck, als würde es Pascal eher genießen.
In diesem Moment schob sich Pascal auch schon das zweite Leberwurstbrot in den Mund und biss wieder mehrfach hintereinander große Stücke ab. Nach wenigen Sekunden war auch das zweite Brot vertilgt und Pascal sagte: „Nimm schon! Ich seh‘ dir doch an, dass du Hunger hast. Und bei mir kommt’s auf ein paar Pausenbrote nicht an.“
Stefan hatte ja wirklich Hunger, wie eigentlich immer um diese Zeit. Sonst verkniff er sich aber das Essen, um nicht noch weiter zuzulegen. Während Pascal auch schon das dritte Leberwurstbrot genüsslich in seinen großen Mund schob, nahm auch Stefan eines und biss hinein.
Das Brot schmeckte frisch und gut. Es war mit viel Butter und noch mehr grober Leberwurst bestrichen, so wie Stefan es eigentlich mochte, aber immer auf die Butter verzichtete. Erfreut sagte Stefan: „Danke! Ist ja echt nett, dass du schon am ersten Tag mit mir dein Pausenbrot teilst!“
„Gemeinsam essen macht doch gleich doppelt Spaß und genug zu essen habe ich ja immer. Meine Mutter übertreibt es einfach.“ entgegnete Pascal, während er sich das nächste Brot nahm.
Während sich Stefan und Pascal über die Schule, die Klasse und die Lehrer unterhielten, schaufelte Pascal ein Brot nach dem anderen in sich hinein. Bis Stefan eines gegessen hatte, waren es bei Pascal bestimmt weitere fünf. Das war aber noch wenig, immerhin hatte er wohl an die 20 dabei. Stefan wagte es aber nicht, Pascal auf sein Gewicht anzusprechen oder weiter nachzufragen. Immerhin war Pascal sehr nett. Mit ihm wollte er es sich nicht schon am Anfang verscherzen.
Indes drängte ihm Pascal noch ein zweites Brot auf. Stefan ließ sich wieder breit schlagen und aß auch das zweite Brot. Als Pascal noch ein oder zwei weitere Brote vertilgt hatte, war die Dose halb geleert. Er ging dann zu Stefans sichtlicher Überraschung an die erste Tafel Schokolade. Als Pascal den ungläubigen Blick Stefans sah, grinste er breit und bot auch Stefan die letzte Reihe der Schokolade an. Doch Stefan lehnte ab und wirkte dabei sehr unsicher. Doch jeglichem Aufdrängen kam nun Markus zuvor, der nun auch mit Stefan reden wollte und die letzte Reihe der Schokolade einfach nahm und in seinen Mund steckte.
„Wenn sich zwei streiten freut sich der Dritte!“ sagte er mampfend. „Du hast ihm schon zwei fette Brote aufgedrängt. Wenn er jetzt nicht mehr mag, lass ihn. Er hat doch gesagt, dass er wegen seiner Figur aufpassen will.“
Markus unterhielt sich nun angeregt mit Stefan, während Pascal sich vom Stuhl hochwuchtete und seinen massigen Körper zwischen den leeren Tischen und der Wand hindurch zur Tür quetschte. Als Nathalie herein kam und neben Pascal stand konnte man sehr schön sehen, dass Pascal in jede Richtung mindestens doppelt so breit war. Durch den Türrahmen passte er aber problemlos. Stefan beobachtete den Vorgang mit Faszination und bemerkte dabei, dass an Pascals Hinterkopf drei Fettrollen über die Kapuze des Pullovers herausschauten. Stefan fragte sich, wie man in seinem Alter schon so extrem fett sein konnte, während Markus ihn alles Mögliche fragte und auch viel von sich und der Klasse erzählte. In das Gespräch klinkten sich immer mehr aus seiner neuen Klasse ein und Stefan war glücklich, schon so integriert zu sein, obwohl er erst eine gute Stunde da war. Immer mehr stellten sich vor und bei keinem und keiner hatte Stefan das Gefühl, dass irgendwer unsympathisch wäre.
Plötzlich frage Markus: „Ich habe am Samstag Geburtstag und mach abends eine Party. Kommst du auch? Ich werde endlich 18.“ Stefan war zwar unsicher, weil er auch damit nicht gerechnet hatte. Er sagte aber zu und freute sich. Schließlich hatte er ja nichts vor, nachdem er noch nicht einmal jemanden in München kannte. Sie waren ja erst letzte Woche hergezogen.
Auf der Brücke sah Stefan nun auch schon die Gruppe zurückkommen, die beim Rauchen gewesen sein soll. Auch hier fiel ihm wieder Murat auf, weil er nicht nur ein breiteres Kreuz hatte als die anderen Jungs (und als die Mädchen sowieso), was man trotz der von allen getragenen Jacken noch erkennen konnte, sondern weil er auch durch seine Frisur, seinen Schmuck, seine Bewegungsabläufe und das doch sehr selbstbewusste Auftreten durchaus Autorität ausstrahlte und Stefan irgendwie beeindruckte. Solche Jungs kannte Stefan nur aus dem Privatfernsehen, wo sie meistens die Schläger-Typen spielten.
Murat kam ins Klassenzimmer und rief mit einer doch recht dunklen durchdringenden Stimme: „Hey Stefan!“
Stefan zuckte zusammen und Murat kam zügig auf ihn zu. Seine rechte Hand streckte er schnell zum Einschlagen nach vorne, was Stefan aber zu spät erkannte, so dass das Einschlagen irgendwie schief ging. Murat lachte.
„Digga, des lernst du schon noch. So begrüßt man sich in Neuperlach. Ich heiß Murat und bin der Klassensprecher. Du wohnst doch Neuperlach, oder?“
„Äh, ja. Seit letzter Woche.“ antwortete Stefan verunsichert. Dabei fragte er sich, wie man einen solchen türkischen Schläger zum Klassensprecher machen kann. Er roch den Rauch an Murat und stellte fest, dass die Gruppe wirklich geraucht haben musste. „Wo wart ihr denn da drüben?“ fragte er.
„Wir waren auf der anderen Straßenseite unten an der Brücke. Da sieht uns kein Lehrer beim Rauchen. Du wolltest ja nicht mitkommen.“ antwortete Murat.
„Ja, also …“ stammelte Stefan herum.
„Wir nehmen dich immer mit, wenn du willst. Uns ist’s auch egal, ob du rauchst oder nicht. Du kannst auch einfach so mitkommen. Wir müssen uns nur verstecken, weil von uns noch keiner 18 ist und wir deshalb eigentlich nicht weg dürfen." unterbrach ihn Murat.
„Eh, ja gut.“ stammelte Stefan wieder.
„Wo wohnst du?“ fragte Murat.
„In der Ollenhauerstraße.“ sagte Stefan zögerlich.
„Digga, ich auch!“ rief Murat. „Wo da?“
„Nummer 9 im dritten Stock.“ antwortete Stefan mit mulmigen Gefühl.
„Ich in 5 ganz oben. Dann sehen wir uns.“ sagte Murat, klopfte Stefan noch anerkennend an den Rumpf und ging zu seinem Platz zurück. Irgendwie passte es zu Murat, dass er zwischen zwei Mädchen saß, dachte sich Stefan. Ihn konnte sich Stefan nicht nur als muskulösen Schlägertyp vorstellen sondern auch als südländischen Aufreißertyp vorstellen, der mit seinem Körperbau ganz gut ankam. Abgesehen von der dicken Jacke kleidete er sich ja durchaus figurbetont und zugegebenermaßen war sein Gesicht mit den männlich-markant ausgeprägten Wangenknochen auch nicht gerade hässlich.

Kommentare

Anonym hat gesagt…
Hammer Geschichte!!! Bitte so schnell wie möglich weiterschreiben! Und ich denke ich spreche für alle! :)
Anonym hat gesagt…
Wow, das war echt ein super start. Danke dafür. Bitte schnell meeeeeehr!!!!
Anonym hat gesagt…
Warum hatte er sich nicht schon lange umgebracht? Ich hätte keine solche Willenskraft.

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